Samstag, 16. September 2023: Weil ich ab jetzt einige Etappen im Trentino wandere, ist es Zeit für einen Artikel über Hund und Bären. Zugegeben, das beschäftigt mich schon sehr. Für das outdoor-Magazin habe ich einen Beitrag darüber geschrieben, wie man sich als Mensch bei einer Bärenbegegnung verhält. Aber als Hund-Mensch-Team? Ich habe bei einem Experten nachgefragt.
Bär und Hund und Mensch
Das Ergebnis des Gesprächs: „Die Wahrscheinlichkeit, dass du an einem Bären vorbeiwanderst, ist gegeben, aber dass du ihn siehst, das ist eher unwahrscheinlich“, sagt Andreas Zedrosser. Er muss es wissen. Der gebürtige Österreicher ist Wildtierökologe und beschäftigt sich in seiner europaweiten Forschung vor allem mit dem Bären. Aktuell lebt und arbeitet er in Norwegen. Aber trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl, weil es im Trentino eben Vorfälle gegeben hat. Diese Bären sind aber von Menschen angefüttert worden und zeigen wahrscheinlich deswegen Auffälligkeiten.
Eigentlich habe ich grundsätzlich keine Angst und gehe mit Gefahren pragmatisch um: Ich versuche, sie zu vermeiden. Deswegen war ich auch noch nicht in Nordamerika unterwegs, weil ich Begegnungen mit Bären aus dem Weg gehen wollte. Na toll, und ausgerechnet jetzt wandere ich ins Trentino. „Bären in Europa sind eher ungefährlich“, bekräftigt Andreas Zedrosser ein weiteres Mal. Daran ändert auch ein Hund nichts. Er selbst habe immer seinen Hund dabei, bisher sei nichts passiert.
Nicht durch den Wald schleichen
Falls es doch zu einer Begegnung kommt, sollte ich mich erstmal über diesen großen Zufall freuen, meint Zedrosser, zumindest, wenn ich den Bären aus einer größeren Distanz sehe. Dann heißt es, sich vorsichtig zurückzuziehen und den Bären großräumig zu umgehen. Sobald der Bär merkt, dass sich ein Mensch in der Nähe befindet, läuft er normalerweise weg. Deswegen sollte man sich auch nicht leise und unbemerkt durch den Wald bewegen, sondern laut reden und immer mal wieder die Wanderstöcke geräuschvoll zusammenschlagen.
Rucksack zur Ablenkung
Wenn der Bär auf einen zugeht, obwohl man sich als Mensch zu erkennen gegeben hat, kann man zunächst seinen Rucksack auf den Boden legen, und hoffe, dass sich der Bär davon ablenken lässt. Dadurch kann man sich wertvolle Zeit verschaffen, um sich vorsichtig zurückzuziehen, aber man sollte niemals wegrennen. Leicht gesagt, wie ich finde. Das wäre definitiv mein erster, natürlicher Reflex. Deswegen bin ich froh, dass ich mich nun schon vorab mit dem Thema beschäftigt habe.
Kommt es wider Erwarten doch zu einem Angriff, legt man sich in Fötusstellung auf den Boden und schützt mit den Händen sein Genick. Im besten Fall schnuppert der Bär an einem und trollt sich dann seiner Wege. So zumindest die Theorie ohne Hund. Mit Hund sieht es etwas anders aus, weil der sicher nicht ruhig bleibt. Zumindest Ralfi nicht.
Hunde immer an die Leine
Ganz wichtig: Den Hund im Bärengebiet immer an der Leine halten! Denn trifft der Hund alleine auf den Bär, kann der Hund den Bären zu seinem Besitzer führen, wenn er bei ihm Schutz sucht. Ungünstig. Kommt es zu einer Bärenbegegnung im Mensch-Hund-Team, nimmt man den Hund hinter sich. Man darf keine direkte Konfrontation zulassen. Erst wenn der Extremfall eintritt, also dass der Bär angreift, sollte man den Hund loslassen. „Er wird sich schon in Sicherheit bringen“, sagt Andreas Zedrosser. Nun gut, dann überlebt wenigstens einer von uns, denke ich mir.